Haushalt 2024
Rede
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Eberle,
sehr geehrte Damen und Herren der Gemeindeverwaltung,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
wer meine Haushaltsreden kennt, weiß, dass diese immer einer ähnlichen Systematik folgen, doch anlässlich der letzten Haushaltsrede in dieser Legislaturperiode möchte ich mit dem Bekannten brechen und mit Ihnen stattdessen über das Unbekannte sprechen.
Bekannt sein dürften Ihnen sicher auch dieses Mal einige altbewährte Anträge, z.B. zu Transparenz und Tierschutz, doch auch neue Anträge sind darunter, bspw. aus dem Bereich Nachhaltigkeit. Zusammengefasst kann man sagen: Es geht um Soziales, es geht um Ökologisches, es geht um Salach.
Doch das ist nicht das große Unbekannte, das ich gemeint habe – zumal Ihnen die Anträge ja auch schriftlich zugehen – nein, ich möchte meine heutige Rede stattdessen dazu nutzen, um Sie auf die kommende Kommunalwahl einzustimmen. Dabei geht es mir explizit nicht um den Wettbewerb unter uns Demokratinnen und Demokraten, sondern um die reale Gefahr, dass Faschisten, diesmal in Form der AfD, wieder Teil dieses politischen Gremiums werden könnten, um ihren Hass und ihre Hetze auch lokal in Salach zu verbreiten.
Ich weiß, dass über alle Lager hinweg und auf sämtlichen Ebenen, von sPD bis CDU, bereits von einer stabilen „Brandmauer gegen Rechts“ die Rede ist, doch lassen Sie mich Ihnen gerne kurz ins Gedächtnis rufen, wie erodiert, wie schwach und löchrig dieser Schutzwall bereits geworden ist. Das bekannteste Beispiel dürfte wohl der thüringische FDP-Ministerpräsident Kemmerich gewesen sein, der sich 2020 aus einer 5%-Partei heraus geschlossen mit Stimmen von Schwarz-Gelb-Braun und unter vermeintlicher Rücksprache mit dem aktuellen Bundesfinanzminister Lindner kurzfristig hatte ins Amt heben lassen. Und das auch noch ausgerechnet im Heimatland des offen rechtsextremen AfD-Führers Björn Höcke.
Doch das ist noch lange nicht alles: Der Stadtrat im sächsischen Plauen hat im März 2021 einem Demokratieprojekt die Förderung gestrichen, mit den Stimmen von CDU, AfD und Dritter Weg. Letzteres ist eine extrem sympathische, offen neonazistische Kleinstpartei, von der ich als „Volksverräter“ auch schon Post im Briefkasten hatte.
Juni 2019: Zwei Vizefraktionsvorsitzende der CDU im Landtag in Sachsenanhalt fordern in einer Denkschrift die Öffnung der CDU nach rechts. Es müsse gelingen, „das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“. Doch wer nun glaubt, es handle sich nur um ein rein ostdeutsches Problem, der irrt. So stimmten beispielsweise auch die Grünen im Gemeinderat in Backnang für einen Antrag eines QAnon-Anhängers und AfD-Gemeinderats. Die Begründung war, sie wären halt alle per du.
Der Spiegel hat bereits 2020 herausgefunden, dass in über 40 Kommunen demokratische Parteien mit der AfD zusammenarbeiten. Gleichzeitig betreibt die AfD die systematische Unterwanderung von Polizeiwachen, Feuerwehren, Gewerkschaften, Vereinen, usw. Die Zahl der Verfassungsfeinde in Sicherheitsbehörden hat sich nach einem Bericht von 2022 daher mittlerweile verzehnfacht. Und auch die Judikative ist nicht sicher, weil unserer Republik aktuell rund 60.000 ehrenamtliche Schöffen fehlen und rechte Netzwerke bereits aktiv zur Teilnahme aufrufen, um die hauptamtlichen Richter ausheben zu können. Ein Freifahrtschein für alle rechten Straftäter.
Doch zurück zur AfD als Partei.
Fakt ist: Mittlerweile hat sich die AfD auch den letzten liberal-konservativen Überbleibseln der eurokritischen Lucke-Partei entledigt und unter Björn Höcke zu einer offen rechtsextremen Partei und einer Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung entwickelt. Dies musste mittlerweile sogar der Verfassungsschutz einsehen.
Wer im Geschichtsunterricht gut aufgepasst hat (und nicht Höcke als Lehrer hatte), weiß, dass die Machtübernahme der Nazis damals nicht im Reichstag, sondern in den thüringischen Kommunalparlamenten startete. Lassen Sie mich daher also eines unmissverständlich klarstellen: Die Zusammenarbeit mit der AfD auf egal welcher politischen Ebene bedeutet die aktive Unterstützung von Feinden unserer Demokratie und der Verfassung dieser Republik!
Ich verstehe dabei durchaus Ihr Dilemma. Nicht alle Anträge hetzen gegen Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderung oder anderer sexueller Orientierung… und schließlich ist es doch immer noch der Nachbar, Freund oder die Stammtischbekanntschaft, welche nun für die AfD im Gemeinderat sitzt. Doch bedenken Sie stets, dass hinter dem Lächeln vielleicht auch einfach nur das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus stecken könnte, wie sich der ehemalige stellvertretende Landessprecher der AfD-NRW, Matthias Helferich, selbst beschrieben hatte.
Oder in den Worten des 2003 verstorbenen Auschwitzüberlebenden Karl Stojka: „Es waren nicht Hitler oder Himmler, die mich verschleppt, geschlagen und meine Familie erschossen haben. Es waren der Schuster, der Milchmann, der Nachbar, die eine Uniform bekamen und dann glaubten, sie seien die Herrenrasse.“
Falls Sie sich also jemals gefragt haben, was Sie anstelle Ihrer Eltern, Groß- oder Urgroßeltern getan hätten, das ist Ihre Zeit und 2024 Ihre Wahl, um es herauszufinden.
Salach, den 21.11.2023
René Niess (GeR)
Salach Ökologisch Sozial
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Anträge
(die Reihenfolge der Anträge entspricht nicht der Priorisierung)